Unter dem Titel „Man steht sehr bequem zwischen allen Fronten. Briefe 1952-2011“ sind soeben im Suhrkamp Verlag 483 Briefe von Christa Wolf an Freund*innen, Bekannte, Schriftsteller*innen (wobei sich diese Kategorien im Falle der Wolfs bekanntlich oft überschneiden), Leser*innen und Politiker*innen erschienen. …
Autor: Max Böhner
Konrad Wolfs „Der geteilte Himmel“ in DEFA-Doku
Der Film „Der geteilte Himmel“ (R: Konrad Wolf) von 1964, der auf der gleichnamigen Erzählung Christa Wolfs von 1963 beruht, wird in der MDR-Doku „Petticoat und Planerfüllung – Frauen im DEFA-Film“ kurz thematisiert.
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Christa Wolfs Berlin
Heute ist Berlin die „Hauptstadt Deutschlands“ – ganz Deutschlands wohlgemerkt. Doch das war nicht immer so. Zur Zeit der Teilung war Berlin zwar Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, der Regierungssitz der Bundesrepublik saß allerdings in Bonn. Wie keine andere deutsche Stadt verkörpert Berlin die vierzigjährige Teilung Deutschlands. Die Autorin Christa Wolf lebte länger als die Hälfte ihres Lebens in (Ost-)Berlin.
Noch bevor Wolf zu großer schriftstellerischer Berühmtheit gelangt, zieht sie im Spätsommer 1962 „fluchtartig“ kurz nach dem Mauerbau in die Hauptstadt der DDR bzw. an deren Rand nach Kleinmachnow bei Berlin.
„Ist es selbstsüchtig, dass wir beinahe fluchtartig aus Halle weggezogen sind, die Kinder aus ihren gewohnten Umgebungen herausgerissen haben? Aber der alte Hausarzt, der immer Schwitzpackungen verordnete, hat uns gesagt: Wenn sie vermeiden wollen, dass die Bronchitis Ihrer Kinder chronisch wird, müssen Sie hier wegziehen. Weg aus Chemie- und Nebelgebiet. Hierher in die gute Luft […] von Berlin. Wo ich, das muss ich mir zugeben, mich noch genauso fremd fühle wie die Kinder.“ (Eintrag aus Ein Tag im Jahr 1962, S. 48)
David Bowie listet „Nachdenken über Christa T.“ als eines der 100 wichtigsten Bücher
Der am 10. Januar 2016 in New York City verstorbene David Bowie ist seit seinem Tod wieder Gegenstand aller Feuilletons, unzähliger Blogeinträge und in aller Munde, Fotos, Videos und Kurzmeldungen rieseln durch die sozialen Netzwerke. Eine Welt nimmt damit Abschied von einem der bedeutendsten Musiker des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts, der gerade in den letzten zehn Jahren wieder einen enormen Popularitätsschub erfuhr. Ganze Generationen verehrten ihn nicht nur als Sänger, Musiker und Produzenten, sondern feierten auch sein androgyn-extravagantes Erscheinungsbild als „Ziggy Stardust“, das von vielen, vor allem in der LGBTIQ*-Gemeinschaft, als mutige Aufbrechung von Rollenklischees vergöttert wurde und wird. Erst 2014 war noch im Martin Gropius Bau in Berlin eine umfassende Retrospektive des Victoria & Albert Museum, London, zu sehen, die alle Facetten von David Bowies Schaffen multimedial und durch die Jahrzehnte hindurch zu beleuchten schaffte. Jedoch: David Bowie als Leser wurde nicht erwähnt oder gezeigt. …
Gesungen, geschrieben, gedeutet. Die Lieder in „Stadt der Engel“ von Christa Wolf.
In Christa Wolfs letztem Roman „Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr Freud“ (2010) geschieht neben etlichem Anderen das, worauf ich immer gehofft habe: Die Erzählerin gewährt Einlass in ihre musikalische Sozialisation. Die „Meditation“ namens „Dünn ist die Decke der Zivilisation“ über die Paukenmesse Haydns schrieb Wolf 1998; davor wie danach finden sich im Werk der Autorin seltenst Ausflüge in die Musik, die Rückschlüsse auf die Bedeutung von Musik in Leben und Werk Christa Wolfs zuließen, bis auf einige Stellen in ihrer Prosa, in denen sie Schallplatten erwähnt. Ausgerechnet in ihrem letzten großen Roman „Stadt der Engel“ finden sich über Seiten Liedtitel, scheinbar wahllos aneinander gereiht, die die Erzählerin in einer verzweifelten Nacht singt.
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